Teile und (be)herrsche die Neidhammeltruppe

Donnerstag, 11.04.2019 | CC-BY-ND Marc Stephan - Wer nicht lesen will, muss hören: ⇒ AUDIO-PODCAST zum Text

Hoffentlich geht es uns allen gleich - schlecht!


Wir leben in einer Neidhammel- und -hammelinnengesellschaft! Wo mir das besonders aufgefallen ist und es mich seitdem nicht mehr loslässt, waren die Forderung, dass »Arbeit sich lohnen muss« und man deshalb die Hartz-IV-Sätze kürzen solle, oder der laute Ruf, nach der Abschaffung der privaten Krankenkassen, weil die Kassenpatienten so lange warten müssen. Seit mir diese zwei Sachen so aufgefallen sind, fällt mir das »System«, es muss allen gleich schlecht gehen, immer wieder auf. Warum kommt keiner auf die Idee zu sagen, es muss allen gleich gut gehen? Zumindest so weit sich das von staatlicher und gesellschaftlicher Seite aus regeln lässt.

Damals stellte man fest, dass manch ein Hartz-IV-Empfänger fast genauso viel Geld bekommt, wie viele Zeitarbeiter oder andere schlecht bezahlte Arbeitnehmer, die sich krummlegen und trotzdem immer nur gerade so auf Kante leben - denen erzählt man dann noch, sie müssten was für die Rente zurücklegen. Aber das ist ein anderes Thema. Gut, dann kam also sofort die Forderung, Hartz-IV müsse gekürzt werden, damit Arbeit sich wieder lohnt. Ja, Arbeit muss sich lohnen, keine Frage. Wer Vollzeit arbeitet, muss davon leben können und nicht nur »gerade so«. Jetzt die Preisfrage: Wenn wir Hartz-IV kürzen, welcher Arbeitnehmer hat davon mehr auf dem Konto? Keiner. Man sorgt nur dafür, dass die ganz unten noch weiter runter kommen. Nur hoch kommt davon keiner.

Dasselbe hatten wir bei dem Ruf die privaten Krankenkassen abzuschaffen. Davon abgesehen, dass die Privaten um drei Ecken die Gesetzlichen ohnehin quersubventionieren, stellt sich auch hier die Frage: Was bringt's? Die Ärzte sitzen ja nicht rum und drehen Däumchen. Auf zehn Kassenpatienten kommen wie viele Privatpatienten? Je nachdem, nach welcher Statistik man geht, nicht mal ganz einer. So, wenn wir also die privaten Krankenkassen jetzt abschaffen, sitzen statt zehn gesetzlich Versicherten also elf im Wartezimmer. Dann geht das natürlich gleich monstermäßig schneller ... was haben wir also bewirkt? Eigentlich nichts, nur dass es wieder allen gleich schlecht geht. Und warum? Aus Neid.

Hätten wir mehr Ärzte, würde es sich wieder lohnen Arzt zu sein und die Krankenkassen würden nicht ständig das Budget kürzen, verkürzten sich die Wartezeiten vielleicht von selbst. Woher sollte nun aber die Krankenkasse das Geld nehmen? Mh, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, was natürlich voraussetzt, dass die Arbeitnehmer ordentlich bezahlt werden. Also keine Minijobs, keine Zeitarbeiter, keine Aufstocker. Damit würde sich der Kreis dann auch wieder schließen in Sachen »Arbeit muss sich lohnen« und »sichere Rente«.

Wenn wir aber immer gleich alle auf die in die Arena geworfenen Sündenböcke springen, wie Privatversicherte, Hartz-IV-Empfänger oder sonst wen, verlieren wir leicht aus den Augen, wo unser Problem eigentlich sitzt. Die alte Regel »teile und herrsche« funktioniert in einer Neidhammelgesellschaft wie der unseren ganz hervorragend.